Hunde Maulkorb; für viele Hundebesitzer eine grausige Vorstellung. Es ist ein sehr brisantes Thema und von je her mit viel Negativität und Angst verurteilt zu werden verbunden.
Kommt einem auf der Straße ein angeleinter Hund mit einem Maulkorb entgegen, gibt es meist mitleidige oder ängstliche Blicke. In den Gesichtern der Menschen erkennt man sofort die Vorurteile. Warum muss der „arme Hund“ einen Hunde Maulkorb tragen?
Ist der Hund aggressiv…womöglich auch Menschen gegenüber? Hat er eventuell schon einen Menschen gebissen? Ist es ein Listenhund? Gab es eine Behördliche Auflage für den Maulkorb?
Das sind nur einige Fragen, die immer wieder auftauchen. Es wird sich in Gedanken mit der „Blutrünstigen Vorgeschichte“ des Hundes befasst. Der Hund der den Hunde Maulkorb trägt, wird in eine Schublade gepackt und es wird lieber die Straßenseite gewechselt.
Halter eines Hundes der einen Hunde Maulkorb trägt, müssen ein „dickes Fell“ haben.
Ist es verwerflich wenn der Hund einen Maulkorb trägt? Die Gedanken des Gegenübers kreisen um Blutrünstige Geschichten die eventuell mit dem Hund der den Maulkorb trägt zusammenhängen könnten. Der Hund und auch sein Halter werden in eine bestimmte Schublade gepackt.
Denn es wird nicht nur über den Hund geurteilt, sondern auch über das andere Ende der Leine. Kommen bestimmte Fragen, ist es gut entspannt zu bleiben und souverän zu antworten. Oder einfach darüber hinwegsehen, wenn einem böse oder mitleidige Blicke zugeworfen werfen und dabei die Straßenseite gewechselt wird.
Ich muss gestehen, dass ich ebenso sehr lange zu den Personen gehört habe, die den Maulkorb verteufelt haben. Viel zu lange habe ich gewartet, bis ich mich endlich dazu durchgerungen habe meinem Hund einen Maulkorb tragen zu lassen. Mein Hund hatte ein sehr liebes Wesen, aber er mochte – ausser seine eigenen Rudelmitglieder – keine anderen Hunde in seiner Nähe.
Aus diesem Grund habe ich Ihn meist an der Leine geführt. Sind uns Hunde entgegen gekommen, habe ich Ihn sofort angeleint und bin problemlos an den anderen Hunden vorbeigegangen. Im Laufe der Jahre ist die Verantwortungslosigkeit vieler Hundebesitzer jedoch stark gestiegen.
Auf die Bitte den Hund anzuleinen kam bzw. kommt immer öfter die Antwort:“ Wieso? Meiner tut nichts, die müssen sich doch mal beschnuppern“. NEIN! Das müssen die Hunde nicht. Es wird schon seine Gründe haben, warum ein Hundebesitzer:in darum bittet den freilaufenden Hund anzuleinen.
Noch gefährlicher für uns waren die Begegnungen mit freilaufenden Hunden, die überhaupt nicht auf ihren Besitzer:in gehorcht haben. Viele brenzlige Situationen sind so entstanden, die mich auf Spaziergängen mit meinem Hund immer verspannter werden ließen. Die Angst wieder auf einen „der tut nix“ zu treffen lief mit und das spürte mein Hund ganz genau.
Irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten. Ich begann zu recherchieren, habe mir etliche Berichte durchgelesen, bin in Maulkorb-Gruppen bei Facebook eingetreten und habe auf diese Weise sehr viel positives über dieses „Tabuthema“ Hunde Maulkorb gelernt.
Welche Hunde müssen einen Hunde Maulkorb tragen?
Auf diese Frage gibt es unterschiedliche Antworten und unterschiedliche Gründe. Hier bei uns Deutschland gibt es in den Bundesländern ( ausser Nierdersachsen) sogenannte Rasselisten. Auf diesen Listen wird festgelegt, dass bestimmte Hunderassen einen Maulkorb tragen müssen, weil sie als gefährlich gelten. Sie werden auch fälschlich als „Kampfhunde“ bezeichnet. Häufig findet man Hunde folgender Rassen auf diesen Listen:
- American Staffordshire Terrier
- Bullterrier
- Pitbull Terrier
- Bullmastiff
- Staffordshire Bullterrier
- Cane Corso
- Dogo Argentino
- Bordeaux Dogge
- Fila Brasileiro
- Mastin Espanol
- Mastino Napoletano Mastiff
- Tosa Inu
In manchen Bundesländern wird die Gefährlichkeit der Rasse noch einmal in Kategorien eingeteilt. Es gibt Kategorie 1 – diese Hunde gelten als höchstwahrscheinlich gefährlich. Hunde die auf einer Kategorie 2 Liste geführt werden, gelten als vermutlich gefährlich.
Nun wird wieder in den Bundesländern unterschieden. Gilt ein Hund -Beispielsweise in Hamburg – als gefährlich, muss er nicht zwangsläufig in einem anderen Bundesland ebenfalls als gefährlich gelten. Dem Halter:in können aber Auflagen gemacht werden, die einzuhalten sind.
Welche Auflagen gibt es?
Bei diesen Auflagen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Wer sich einen Hund anschafft der auf einer Rasseliste steht, muss auf jeden Fall Volljährig sein. Der Hund muss bis zum bestandenen Wesenstest und einem Sachkundenachweis des Halters:in einen Maulkorb tragen. Wesenstest und Sachkundeprüfung werden von vom Amt einsetzten Tierärtzen:innen, durchgeführt.
Die Kosten für derartige Tests bzw. Prüfungen des Halters:in liegen zwischen 400-500 Euro für eine Maßnahme. Wobei meist zuerst die Sachkundeprüfung bzw. der Sachkundenachweis durchgeführt wird und im Anschluss dann der Wesenstest.
Wie wird ein Wesenstest und wie ein Sachkundenachweis durchgeführt?
Bei einem Wesenstest wird geprüft ob eine Gefahr von eurem Hund ausgeht. Es wird sein Charakter und sein Verhalten geprüft. Euer Hund wird dabei auch künstlich hervorgerufenen Stresssituationen ausgesetzt. Dazu zählt unter anderem zB. ein Kinderwagen, der schnell und dicht an dem Hund vorbeigefahren wird, ein Regenschirm der neben ihm geöffnet wird oder jemand der mit einem Besen kehrt.
Ebenfalls wird getestet wie Euer Hund auf andere Hunde reagiert, wenn diese dicht an ihm vorbeigehen. Hierbei wird auch festgestellt ob die Führungsposition des Halters:in vom Hund anerkannt wird. Wie lange ein Hund geprüft wird, obliegt meist dem Prüfer. Es kann sich jedoch um ein bis zwei Stunden handeln.
Bei einem Sachkundenachweis wird nur der Halter:in geprüft. Die Prüfung wird nach dem Multiple Choice Prinzip abgefragt. Dabei werden unterschiedliche Fragen gestellt, mit unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten. Ähnlich wie bei einer Fahrprüfung, gibt es Bücher in denen die Fragen der Sachkundeprüfung abgefragt und so geübt werden können.
Gibt es nur bei Listenhunden derartige Auflagen?
Auf diese Frage gibt es ein klares „Nein“ zur Antwort. Nicht nur Listenhunde gibt es diese Auflagen. Prinzipiell kann jeder Hund vom Amt als gefährlich eingestuft werden. Dabei muss nicht eine Beißerei unter Artgenossen der Anlass sein. Der Hund darf kein Tier – egal ob es sich dabei um einen anderen Hund. eine Katze oder Wild handelt – verletzen oder gar töten.
Wird Euer Hund dem Amt gemeldet oder ihr bekommt eine Anzeige bei der Polizei und Ihr habt keine Zeugen, die das Gegenteil beweisen können, wird er als gefährlich eingestuft. Das bedeutet Leinen -und Maulkorbzwang. Erst ein Sachkundenachweis und/oder ein Wesenstest kann den Hund davon befreien. Dies kann allerdings erst nach 2 Jahren nach rechtskräftiger Auferlegung des Leinen – Maulkorbzwangs geschehen.
§ 14
Besondere Pflichten für das Halten und Führen
gefährlicher Hunde
(1) Gefährliche Hunde sind so zu halten, dass sie ein ausbruchssicheres Grundstück gegen den Willen der Hundehalterin oder des Hundehalters nicht verlassen können.
(2) Die Hundehalterin oder der Hundehalter darf einen gefährlichen Hund außerhalb eines ausbruchssicheren Grundstücks nur persönlich führen oder eine Person damit beauftragen, die eine Bescheinigung nach Absatz 6 Satz 1 besitzt.
(3) Außerhalb eines ausbruchssicheren Grundstücks sind gefährliche Hunde an einer zur Vermeidung von Gefahren geeigneten Leine zu führen, die höchstens zwei Meter lang sein darf. Die Anleinpflicht gilt nicht in den als Hundeauslaufgebiet gekennzeichneten Gebieten, wenn das Hundeauslaufgebiet eingezäunt ist und der Hund einen das Beißen verhindernden Maulkorb trägt.
(4) Gefährlichen Hunden ist außerhalb eines ausbruchssicheren Grundstücks sowie bei Mehrfamilienhäusern auf dem gesamten Grundstück und im Gebäude mit Ausnahme der nicht dem Gemeingebrauch unterliegenden selbstgenutzten Räume oder Flächen ein das Beißen verhindernder Maulkorb anzulegen. Dies gilt nicht für Hunde bis zur Vollendung des sechsten Lebensmonats. Die zuständige Behörde erteilt für gefährliche Hunde mit Ausnahme gefährlicher Hunde nach § 7 Absatz 1 Nummer 1 eine Befreiung von der Maulkorbpflicht, wenn die Fähigkeit des Hundes zu sozialverträglichem Verhalten durch einen Wesenstest ( § 13 ) nachgewiesen ist. Für die Befreiung von der Maulkorbpflicht gilt § 10 Absatz 4 Satz 2 entsprechend.
(5) Die Hundehalterin oder der Hundehalter hat beim Führen eines gefährlichen Hundes die Erlaubnis nach § 8 Absatz 1 und eine nach Absatz 4 Satz 3 erteilte Befreiung mitzuführen und auf Verlangen zur Prüfung vorzuzeigen.
(6) Die zuständige Behörde hat einer anderen Person als der Hundehalterin oder dem Hundehalter auf Antrag eine Bescheinigung darüber auszustellen, dass sie einen gefährlichen Hund außerhalb eines befriedeten Besitztums führen darf, wenn die Person die Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 Nummer 1 lit. a bis c erfüllt. Die Person hat beim Führen des Hundes diese Bescheinigung, eine nach Absatz 4 Satz 3 erteilte Befreiung und die Erlaubnis nach § 8 Absatz 1 mitzuführen und auf Verlangen zur Prüfung vorzuzeigen.
Erhöhter Steuersatz für das Halten und Führen von als gefährlich geltenden Hunden
Als 2016 in Schleswig – Holstein die Rassehundeliste abgeschafft wurde und somit ein Hund der auf dieser Liste stand, nicht mehr automatisch als gefährlich galt, atmeten viele Hundebesitzer auf. Denn neben den aufgelegten Pflichten, bekam man auch die sehr hohe Hundesteuer zu spüren. Aber der erhöhte Steuersatz galt ab 2016 somit nicht mehr automatisch.
Auch wenn ein Hund als gefährlich eingestuft wurde, war dies nicht gleichbedeutend mit einem erhöhten Steuersatz.
2019 wurde dies geändert. Ist Euer Hund „verurteilt“, ist das heutzutage noch nicht alles! Wenn er als gefährlich eingestuft wird und Ihr die Auflagen von §14 einhalten MÜSST, bekommt Ihr jetzt automatisch auch die passende Hundesteuer dazu aufgebrummt. Der Satz für diese spezielle Hundesteuer für gefährliche Hunde, liegt zwischen 500-600 € jährlich. Dieser Steuersatz muss mindestens bis zur Befreiung gezahlt werden. Ansonsten entfällt dies erst, wenn euer geliebter Hund verstirbt.
Update 2023
Mittlerweile haben wir 2023. Die Pandemie liegt hinter uns und in den letzten 4 Jahren musste ich drei meiner geliebten Begleiter über die Regenbogenbrücke gehen lassen. Alle Hunde aus unserem großen Rudel hatten ungefähr ein Alter als sie zu uns kamen. Leider holt einen die grausame Wahrheit irgendwann ein. Es war damit zu rechnen, dass sie sich ebenso so kurz hintereinander verabschieden würden, auch wenn dazwischen viele schöne gemeinsame Jahre lagen.
Nun haben wir unseren wunderbaren Aljoscha. Er ist jetzt 1,5 Jahre alt und wir haben noch viel vor uns. Eine Erzieherische Grundausbildung hat er bereits genossen, aber damit ist es längst nicht getan. Es muss noch sehr viel geübt und auch weiterhin viel gelernt werden. Auf beiden Seiten, denn auch wir als Halter fangen bei jedem neuen Hund, der in unser Leben tritt, neu an.
Maulkorb von Anfang an
Was wir bei unseren vorherigen Hunden versäumt haben, wurde bei Aljoscha rechtzeitig umgesetzt und verbessert. Dazu gehört bei uns das tragen eines Maulkorbs. Egal ob der jeweilige Hund mit jeglichen Alltagssituationen zurechtkommt oder Artgenossen verträglich ist oder nicht. Ziel war es Aljoscha den Maulkorb so anzutrainieren, als wäre es eine Leine oder irgendein anderes Hilfsmittel.
Geduld und Zeit ist ein wichtiger Faktor beim Maulkorbtraining
So etwas funktioniert natürlich nicht von Heute auf Morgen. Es braucht Zeit und Geduld. damit angefangen den Maulkorb erstmal auf den Boden zu legen, um Hund ( Aljoscha war ca. 10 Wochen alt als wir gestartet haben) vertraut zu machen. Wenn er daran geschnüffelt hat: Loben und Zack, Leckerli. Das ganze ein paar Mal wiederholen. Ich habe es solange gemacht, bis Aljoscha gewedelt hat wenn er den Maulkorb beschnuppert hat.
Ähnlich beim nächsten Schritt: den Maulkorb aufheben und dem Hund zeigen. Kommt er ran um zu schnüffeln: Loben, Leckerli! Erneut solange durchziehen, bis er den Maulkorb freudig beschnuppert. Wir haben den weiteren Step relativ schnell einbeziehen können. Nämlich den Hund dazu zubringen seine Nase in den Maulkorb zu stecken, weil am anderen Ende ein mega Leckerli wartet.
Dann bis hin zum Schluss, die Königsdisziplin: den Maulkorb aufsetzen, verschließen und – am Anfang sehr kurz – drauf lassen. Wenn das gut funktioniert, werden Lobeshymnen gesungen und dem Hund durch den Maulkorb die besten Jackpot Leckerlis ins Maul geschoben. Nun wird die Zeit des Maulkorb tragens langsam verlängert.
Was am Anfang super wichtig ist: zu Beginn eines jeden Spaziergangs kommt der Maulkorb drauf. Auch wenns nur ne kurze Pischerrunde ist. Denn nur so lernt der Hund den Maulkorb als normal, Alltägliches zu akzeptieren.
Dieses Prozedere – was natürlich zugegebener Maßen etwas nervig sein kann – muss in Fleisch und Blut über gehen. Denn nur so wird es auch für den Hund zur Routine einen Maulkorb zu tragen. Die Lobeshymnen und die absoluten Jackpot Lieblingsleckerlis dürfen dabei nicht in Vergessenheit geraten. Läuft alles gut, lässt man das Ganze wieder langsam ausschleichen.
Ich habe Aljoschas Maulkorb immer dabei. Er hängt an einem Gürtel – der eigentlich für Werkzeug bestimmt ist – an dem ich auch alles andere für unterwegs ( Leckerlis, Beutel, Schlüssel etc..) untergebracht habe. Aber er bekommt den Maulkorb nur bei Bedarf aufgesetzt. Der Bedarf, wann der Hund den Maulkorb tragen soll/muss, fällt natürlich bei jedem individuell anders aus. Ich nutze ihn noch immer hauptsächlich, wenn mal wieder freilaufende „deretutnixwillnurhallosagen“ Hund auf uns zu gelaufen kommen.
Denn seien wir mal ehrlich – oder denke nur ich so? – die Masse der Hundehalter hat, besonders seit der Pandemie, stark zugenommen. Der Trend geht sogar zum Zweit- bzw. Dritthund, dabei ist es egal ob es sich um bereits erfahrene Hundehalter handelt. Mehrhundehaltung ist ja vom Prinzip her auch eine schöne Sache, nur sollte man die (Benimm)Regeln beherrschen. Egal ob ein oder mehrere Hunde, egal welche Größe sie haben.
Nicht jeder Hund oder Herrchen/Frauchen mögen es wenn unangeleinte Artgenossen auf ihn und den Besitzer zugerannt kommen. Begleitet von einem Ruf : Der will nur spielen…Denn auch das ist manches mal eine Fehlinterpretation.
Weil aber nicht nur die Masse der Hundebesitzer zugenommen hat, sondern leider auch der Hang zur Rücksichtslosigkeit, bin ich sehr froh, dass es uns gelungen ist den Maulkorb so gut in unseren Hundealltag zu integrieren. Für Aljoscha ist das tragen des Maulkorbs so, als würde er an der Leine laufen.